Heino Ferch - Hans Kuhlke. 2005-2006
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"...dass das erlaubt ist....!" in: Die Mauer - Berlin ´61. Porträt Hans Kuhlke - Heino Ferch. Regie: Hartmut Schoen, Buch: Hartmut Schoen, 2005-2006
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Vor der Szene:
August 1961.
Hans Kuhlke, ein Bauarbeiter, seine Frau Katharina und sein Sohn Paul, ca. vierzehn, leben im Ostteil Berlins.
Nach einem Besuch der Geburtstagsfeier des Möbelhaus-Besitzers Erwin Sawatzke und seiner Frau Renate im Westteil der Stadt ist Hans und Katharina der Rückweg nach Hause versperrt.
Als sie am Ende der Heimfahrt den U-Bahnhof zu Hause im Ostteil der Stadt verlassen wollen, ist der Ausgang vergittert.
Soldaten überall. Die Grenzen wurden in dieser Nacht dicht gemacht, nachdem monatelang Tausende und Tausende von Menschen aus dem Osten in den Westen abgewandert waren.
Die Mauer wird gebaut.
Hans und Katharina bleiben zunächst bei Sawatzkes. Paul, der Sohn, war an diesem Abend zu Hause in der elterlichen Wohnung im Osten. Jetzt ist die Familie auseinandergerissen.
Hans und Katharina sind plan- und ratlos, was sie tun können. Sie haben nichts. Kein Geld, keine Arbeit, nicht mal Kleidung zum Wechseln.
Hans ist machtlos gegenüber der Situation, dem Vorgehen der staatlichen Instanzen, er kann kaum begreifen, in welchen Alptraum er eintaucht. Er vermisst seinen Sohn, zu dem er eine besonders enge und tiefe väterliche Bindung hat.
Zeit vergeht.
Paul darf nicht in den Westen. Der Staat kümmert sich um seine Erziehung im sozialistischen Geist.
Hans und Katharina gehen immer wieder zum Zaun, der West und Ost trennt. Sie geraten in eine Straßenschlacht. Hans wird geschlagen und blutet aus der Nase.
Sie gehen zu Sawatzkes zurück, mit denen sie sich vorher eigentlich wegen Renates Unfreundlichkeit überworfen hatten.
Die Szene.
Erwin Sawatzke am Telefon:
Renate.. ich...ja.. ja....
Totale. Nacht. Kunstlicht.
Wir sehen, dass die drei im großen Ausstellungsraum des Möbelhauses Sawatzke sind. Hans sitzt auf einer Ausstellungscouch, den Kopf im Nacken. Er versucht, die Blutung zu stillen.
Katharina geht unruhig hin und her. Sie sieht in der Zeitung ein Foto von sich und Hans. Beide hatten versucht, schwimmend das Ostufer zu erreichen, waren aber zurückbefohlen worden.
Ein Sensationsfoto von ihnen, nur in Unterwäsche, alarmiert und verängstigt, auf der Titelseite der Zeitung.
Katharina: Dass das erlaubt ist....
Erwin kommt vom Telefon zurück:
Tja, tut mir leid, det klappt leider nich... ...die Handwerker war´n bereits da und ham det janze Zimmer vollgestellt, also bei mir zu Hause könnter leider nich´ übernacht´n ..
Aber – wie jesacht - det is ja hier allet fabrikneu, zum Teil schon Winterware – für Euch nur det Feinste vom Feinst´n...
Katharina hat sich auch gesetzt, stützt ratlos den Kopf in die Hände.
Erwin lächelt pseudoverbindlich.
Erwin, ernster: Na ja, jez versucht erstma´ n´ bisschen zu schlafen..
Er sieht sich nach Hans um. Hans hält noch immer den Kopf hoch, um die Blutung zu stillen. Immer wieder muss er ein Taschentuch gegen sein Gesicht drücken, Blut fließt nach...
Erwin dreht sich zu Hans um:
Braucht ihr noch watt...?
Hans, leise, schüttelt den Kopf:
Nee.
Erwin:
Mannomannomann! ..die könn´ doch unmöglich so ´ne Stadt wie Berlin—ach wat sachich, die wolln´ja janz Deutschland zerteil´n.
Na ja - aber wartet´s mal ab: ihr werdet schon sehn´, nächste Woche is dat allet wieder vorbei, da wern´ wir nur noch drüber lachen, hmm?
Schnitt auf Hans.
Er hört den aufmunternden Ton nicht. Er will ihn nicht hören.
Wir fühlen, dass mit Hans eine Veränderung geschieht. Er wirkt ablehnend, verschlossen, bleiern. Sein Blick, seine Augen zeigen etwas, was uns beunruhigt. Da ist kein Wille mehr, kein Blick, der eine Zukunft sähe.
Uns weht etwas an, das sich anfühlt, wie die resignierte Traurigkeit eines im Zwinger vergessenen Tieres.
Erwin: Oder?
Als Hans den Kopf hebt, die Lippen zusammenpresst, wissen wir, dass seine Antwort, würde er etwas sagen, ablehnend wäre.
Es scheint, als würde etwas in ihm abgleiten, abrutschen, in die Tiefe fallen, wie ein Stück Erde, ein Stein, der über eine Kante ins Bodenlose fällt.
Wir empfinden deutlich, dass wir einem Mann zusehen, dessen Gefühl, allein gelassen zu sein, ihn beinahe mitreißt, hinunterdrückt, wie eine hohe Wasserwelle.
Erwin zieht sich zurück, ein wenig schüchtern vor Hans´ schweigender Ablehnung.
Jez schlaftma erstma. Gut nacht!
Erwin löscht das Licht.
Der Raum ist dunkel, Licht kommt nur von draussen, von der Straßenbeleuchtung, die durch die großen Schaufenster hereinscheint.
Wir begreifen, dass das Ehepaar wie zwei Dekorations-Ausstellungsobjekte von draussen zu sehen wäre, wäre Licht im Raum angeschaltet.
Schnitt auf Hans.
Er ist zusammengesunken. Atmet schwer, als wäre jeder Atemzug eine Anstrengung. Er wirkt völlig lethargisch, innerlich erstarrt, dumpf, erschöpft. Er stützt sich auf die Armlehne, steht mit bleiernen Bewegungen auf, geht ein paar Schritte.
Schnitt auf Katharina.
Wir sehen sie von hinten. Sie steht da und blickt aus dem Schaufenster.
Sie scheint zu frieren.
Hans geht zu einer Liege hinüber.
Er hält sein Taschentuch in beiden Händen. Es ist keine besondere Bewegung oder irgendwie auffällige Haltung. Aber die Art, wie diese beiden Hände sich an dem Stück Stoff festhalten, erschüttert. Die Geste ist umweht von einer resignierten, unbeschützten Einsamkeit, bei der wir nicht wissen, ob wir wegschauen, wegrennen oder weinen sollen.
Hans lässt sich auf der Liege nieder, jede Bewegung ist bemüht, angestrengt. Wieder presst er das Tuch gegen die Blutung.
Atmet durch.
Er dreht den Kopf.
Wir folgen seinem Blick und sehen seine Frau an der großen Glasfront des Schaufensters stehen. Draussen gehen Passanten vorbei.
Hans sieht eine Weile nach ihr, dann lässt er den Kopf auf die Brust sinken. Im Halbdunkel wirkt sein Gesicht verzweifelt, verhärmt.
Jeder steht für sich allein.
Keine Worte.
Keine Brücken.
Ende der Szene.
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2005-2006 Heino Ferch – Hans Kuhlke, Inka Friedrich – Katharina Kuhlke, Axel Prahl („Das Wunder von Lengede“, „Sommer vorm Balkon“, „Nicht alle waren Mörder“) – Erwin Sawatzke, Frederick Lau – Paul Kuhlke.
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